"Schon wieder ein Mercedes?! Es gibt doch so viele andere Hersteller, die tolle Autos gebaut haben!“ Das denken Sie vielleicht gerade beim Lesen. Und Sie haben Recht. Dennoch: Den Mercedes Benz W123 müssen wir einfach vorstellen. Nicht nur, weil er mit mehr als zwei Millionen gebauten Exemplaren bis heute der erfolgreichste Wagen mit Stern auf der Motorhaube ist, sondern auch weil er Vergangenheit und Gegenwart verbindet wie kaum ein anderes Auto.
Sicherheitsfahrgastzelle mit großzügigen Knautschzonen, Sicherheitslenksäule, Einzelradaufhängung vorn und sogar Airbags und ABS waren für den W123 erhältlich. Außerdem bereitete er den Siegeszug des Turbodiesels vor und war der erste Kombi aus dem Hause Mercedes Benz. Neben diesen unter dem Blechkleid verborgenen inneren Werten" fallen vor allem die klare, geradlinige Formgebung und der reichliche Chromzierrat auf - der W123 war der letzte Mercedes, der das glänzende Metall derart üppig präsentieren durfte.
Die noch heute ansprechende Karosserieform entstand unter der Federführung des langjährigen Chefs der Hauptabteilung Stilistik, Bruno Sacco, der den Maßstab für einen Karosserieentwurf bei Mercedes einmal so formulierte, dass nach etwa fünf Jahren Entwicklung, acht Jahren Produktionszeitraum und mindestens zwanzig Jahren Lebensdauer das Design noch immer aktuell, zugleich aber zeitlos wirken müsse. In unserer schnelllebigen Konsumgesellschaft wirkt dieser Grundsatz beinahe schrullig-antiquiert, auf viele Menschen jedoch auch wohltuend bodenständig-zuverlässig. Und so ist auch er, der W123: Bodenständig und zuverlässig. Ein Stückchen der guten alten Zeit", als das Auto noch dem Fahrer gehorchte und nicht andersherum. Franz, Besitzer eines 230ers (2,3 l-Benzinmotor, 109 PS), bringt es schlichtweg auf den Punkt: "Nachdem ich auf dem massiven Fahrersessel - Sitz wäre einfach untertrieben - Platz genommen habe und die Tür mit sattem Klang ins Schloss gefallen ist, bin ich angekommen im Wohlfühlbereich 123, der sich etwa wie Omas Wohnzimmer anfühlt: Ordentlich aufgeräumt, Holz und Velours (oder Leder), hier darf ich sein, wie ich bin." Vereinskamerad Kalle ergänzt mit Blick auf seinen 240D (2,4 L Dieselmotor, 72 PS): "Mit dem bewussten Vorglühen des Diesels, der sogenannten 'Rudolf-Diesel-Gedenkminute' läuft ein immer gleiches Prozedere ab, bevor die Reise beginnt. Und egal wohin die Reise geht, mit seinem vertrauten tock, tock, tock, ... verspricht mir der Diesel bereits beim Anspringen "Ich bring Dich auch wieder heim!"
Beim Heimbringen ist der W123 übrigens ernstzunehmen, schließlich führte er jahrelang die ADAC-Pannenstatistik als zuverlässigstes Fahrzeug mit einer durchschnittlichen Laufleistung bis zur ersten Panne von 820.000 km an.
Da mehr als drei Jahrzehnte tägliche Nutzung auch an einem Mercedes-Benz nicht spurlos vorüber gehen, hat sich unser Vereinsmitglied Jan-Simon ein ambitioniertes Projekt zur Brust genommen: Ein W123-Kombi soll in neuem Glanz erstrahlen. ,,Dazu werden viele, viele Arbeitsstunden und gewiss auch eine Menge Frustrationstoleranz nötig sein - Aber ich will das schaffen!" lacht der 25jährige. Über den Fortschritt wird er gelegentlich hier und ausführlich im Blog der Oldtimerfreunde Schermbeck auf www.oldtimerfreunde-schermbeck.de berichten.
Dieser Artikel wurde in der Kolumne
"Oldtimerfreunde Schermbeck e.V. und ihre Schätze"
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